Im Februar 2022 wurde als Teil des Energie- und Klimaschutzprogramms (EKSP) vom Stadtrat die Erstellung eines kommunalen Wärmeplans für Leipzig beschlossen. Das Ziel ist eine klimaneutrale Wärmeversorgung der Stadt bis zum Jahr 2038. Der kommunale Wärmeplan der Stadt Leipzig wird bis Ende 2023 federführend durch das Referat Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz gemeinsam mit den Leipziger Stadtwerken (LSW) und der Leipziger Wohn- und Baugesellschaft (LWB) erstellt. Bereits seit 2019 beschäftigt sich das SPARCS (Sustainable energy Positive & zero cARbon CommunitieS)-Projekt mit der kommunalen Wärmeplanung Leipzigs, wobei der Fokus hier auf das bestehende Fernwärmesystem der Stadt gerichtet ist. Durch die Fernwärme werden aktuell knapp 30% des Wärme-Endenergiebedarfs Leipzigs gedeckt. Zudem sollen weitere Quartiere an die Fernwärme angeschlossen werden, sodass dieser Anteil zukünftig noch steigen dürfte.
Im Rahmen von SPARCS hat das Institut für Infrastruktur- und Ressourcenmanagement (IIRM) der Universität Leipzig einen Projektansatz entwickelt, um die Leipziger Stadtwerke mit wissenschaftlichen Methoden zu unterstützen. Die Ergebnisse bezüglich einer nachhaltigen, kostengünstigen und sicheren Versorgung von Fernwärme für Endkunden können bei der Erstellung eines konkreten Wärmeplans für den Zeitraum bis 2038 als Entscheidungshilfe dienen. SPARCS bietet dazu eine Austauschplattform für technische und wissenschaftliche Partner in den beteiligten europäischen Städten und treibt dadurch die Energiewende voran.
Auf Basis der Zielvision einer klimaneutralen Fernwärme wurde ein agiler Prozess mit LSW angestoßen, der die Möglichkeit für einen regelmäßigen Austausch bieten soll. Dieser umfasst die Abstimmung von techno-ökonomischen Daten, die Diskussion technischer Zusammenhänge und die Reflexion von Zwischenergebnissen. Bedarfsweise werden Spezialisten der LSW zu verschiedenen Themen hinzugezogen, sodass ein effizienter Wissenstransfer gewährleistet ist. Die Daten fließen dabei in das am IIRM entwickelte Energiesystemmodell IRPopt (Integrierte Ressourcen Planung und Optimierung) ein. Unterschiedliche Brennstoffpreise und Variationen der künftigen Wärmenachfrage werden hierbei ebenso berücksichtigt. Zur Auswertung der Ergebnisse wird eine eigens entwickelte, Excel-basierte Analysestruktur genutzt. Diese Kombination lässt eine ökonomische und technische Bewertung der verschiedenen Portfolios bezüglich Kosten sowie Versorgungssicherheit für Endkunden des Fernwärmesystems und für die Erzeuger (LSW) zu.
Konkret wurden verschiedene Szenarien für die zukünftige Wärmeversorgung mit Fernwärme entwickelt. Dazu wurden zunächst Versorgungsvarianten erstellt, die auf möglichst gegensätzlichen Prämissen fußen. Die Varianten unterscheiden sich daher stark in den jeweils zugelassenen Erzeugungstechnologien und verwendeten Energieträgern und werden wie folgt charakterisiert:
- Verfügbarkeit von Wasserstoff über internationale und lokale Märkte,
- Diversifizierte Nutzung von Biomasse, industrieller Abwärme und Solarthermie,
- Elektrifizierung der Wärmeversorgung sowie
- Verfügbarkeit von Erdgas zu wettbewerbsfähigen Preisen mit einer Abscheidung und Speicherung von Kohlenstoff nach der Verbrennung (Carbon Capture and Storage: CCS).
Zusätzlich werden Kombinationen der vier Basisvarianten untersucht. Durch die hohe Unsicherheit bzgl. der zukünftigen Energiepreise sind solche Analysen besonders wertvoll. Für Entscheidungsträger wird dadurch deutlich, welche Energieträger und Erzeugungstechnologien bei unterschiedlichen Annahmen zu bestimmten Gesamtkosten führen. Die Untersuchungen zeigen, dass eine Diversifikation der Portfolios durch die Berücksichtigung verschiedener Erzeugungstechnologien und Brennstoffe die Robustheit gegenüber Preisschwankungen von Brennstoffen erhöht. Weiterhin führt eine Erweiterung des Fernwärmesystems um zusätzlich angeschlossene Quartiere und eine damit verbundene Erhöhung des Fernwärmebedarfs in Kombination mit nahezu gleichbleibenden Kosten zu einer Stabilisierung der spezifischen Kosten pro Endkunden.
Autor: Karl Specht